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Viren helfen

Viren helfen dem Körper, widerstandsfähiger zu werden. Sie sind nichts, wovor man sich abschotten sollte. Sie sind und waren schon immer Teil des Lebens.


Auch mit der Idiotie der Menschen um einen herum verhält es sich ebenso: Ein gesunder Mensch wird die Reibung mit diesem Umfeld als eigenen Reifungsprozeß verstehen, nicht als etwas Unwillkommenes oder Lästiges, was von sich zu weisen wäre.


Nicht nur der Körper, sondern jeder Mensch als Ganzes braucht diese Arten von Herausforderungen ohne die er schwach, anfällig und letztlich zum Überleben unfähig wird. Wer sich immer nur in Sicherheit, in bequeme Situationen, in bakterien- und virenlose Reinräume begibt, wird umso härter getroffen, wenn er tatsächlich mal in die wirkliche Welt da draußen voller Gefahren und durchaus auch vorhandenen bösen Menschen gerät. So ein Mensch wird dort aber sowas von vor die Hunde gehen.


Nein, das Leben hat die Situationen für einen, die es nun mal hat, und daran ist auch nichts falsch oder schlecht. Das heißt nun nicht, jede Art von Krankheit, Falschheit oder Verlogenheit gutzuheißen und zu akzeptieren, nur, nicht unnötigen Widerstand aufzubauen, der einem letztlich nur selber schadet. In der Gesamtperspektive nützen einem genau die unangenehmen Situationen um Längen mehr als jede Gratifikation und jede pseudoharmonische Atmosphäre.


Dann zeigt sich nämlich erst das eigene Ego, das eigene Jammern und Meckern mit dem was ist. Vor allem in Stille entsteht diese Art Vakuum, dieses Nichts, wovor praktisch jeder Mensch um einen herum flüchtet, ich stellenweise auch. Dieses Nichts ist jedoch nicht schlimm, da lauert keine Gefahr, und doch tut jeder so, als würde da etwas ganz Unwillkommenes lauern: Wenn man im Auto wartet, bis es vorne wieder vorangeht, wenn man als Fußgänger oder Radfahrer an einer roten Ampel steht, wenn in einer Mittagspause kein Gesprächsthema aufkommt, wenn eine Lieferung mal zu lange dauert und man paar Sekunden oder Minuten zwangsweise nichts zu tun hat, wenn man auf den Aufzug wartet. Kaum etwas könnte für die meisten Menschen schlimmer sein, als in diesen Momenten einfach mit sich konfrontiert zu sein, denn was könnte da alles Verdrängte hochkommen, nicht?


Nach mehreren Jahren Mich-einrichten in dieser Leere durch Arrangements wie Nur-Sitzen oder diverse Meditationen, in denen genau auch dieses Vakuum bewußt aufgesucht wird, entsteht in mir immer mehr auch ein Nachhause-kommen in diesen normalerweise als unangenehm eingestuften Situationen, wie ich sie oben nannte. Und dafür bin ich sehr dankbar, denn damit kann ich jederzeit, überall, völlig unabhängig von Umständen in der Wirklichkeit ankommen, was aber nicht Ergebnis einer Übung oder Entwicklung ist, sondern das schlichte Wiedervertrautmachen mit der ohnehin schon vorhandenen Wahrheit des Lebens. Es ist nach und nach eine Entwöhnung von Getriebenheit und Rastlosigkeit.


Vielleicht liebe ich deswegen so die Zen-Gärten, die für mich das Nonplusultra des Gartenbaus darstellen. Da gilt nämlich genauso Bleiben beim Wesentlichen als wichtigste Komponente. Dabei: Nicht zu viel ablenken mit äußerem Tamtam, sondern den Betrachter zu sich selber führen. Karge Splittflächen, nüchterne Steine, zarte Sträucher und mageres Moos bringen den Geist zur Ruhe, was dem normalen, westlich (und mittlerweile wohl auch östlich) geprägten Menschen aber als viel zu langweilig aufstoßen würde. Aber auch das Sein mit dieser Nacktheit führt zu mehr Standfestigkeit in den Wirren des Alltagslebens, denn es wurde eine Grundlage gefunden, die unerschütterbar von jeglichen, oberflächlichen Augenmerken ist.




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