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Hoffnungen und der Moment

Ich wollte nachdem ich diesen Kurzfilm gesehen habe, zuerst über das Enthaltsamkeits-Thema schreiben und wie es mich betrifft, und habe dazu schon einiges festgehalten, dann aber gemerkt, daß es für mich eigentlich gar nicht mehr wirklich aktuell ist. Aktuell in dem Sinne, daß ich das als einzig relevant für mich einstufe (was so früher definitiv mehr der Fall war).


Die Art nämlich, wie dieser Charakter in dem Kurzfilm seine Situation darstellt, ist etwas, was ich so gar nicht mehr empfinde, auch wenn ich dieses Starren oder Stalken auch von mir kenne, wenn nicht so extrem, und zurecht auch ziemlich abstoßend und widerwärtig finde. Es ist dann auch richtig, wenn Frauen dann das Weite suchen. Diese Bedürftigkeit und Sucht gehört nicht bedient, weil sie durch Bestätigung an ihrer Wurzel gar nicht geheilt wird.

Was ich durchaus frappant finde ist, daß dieses Thema in der Öffentlichkeit praktisch nicht existiert bzw. völlig verzerrt dargestellt wird, wie z. B. das einfache Eingeben von „Incel“ in Google beweist .


„Incel“ beschreibt ja letztlich nur den Zustand des unfreiwilligen Zölibats vorrangig von Single-Männern, und ist keine Szene mit terroristischen, gehässigen, radikalen Motiven, wie da völlig krankhaft unterstellt wird. Rein faktisch ist meine Situation ja genauso dieser „Incel"-Zustand, aber das heißt ja nicht, daß ich deswegen irgendwas vorhabe, einer Szene angehöre, Frauen hasse oder einen Amoklauf plane. Es ist schon irre, wie das völlig nachvollziehbare Leiden von jungen Männern auf so eine gigantische Wand von Bösartigkeit und Kälte stößt. (Wenn ich genauer hinschaue, so leide ich nicht, aber auf das Thema komme ich noch.)


Auch hier zeigt sich eben, was von der Gesellschaft zu halten ist, denn wie man besonders seit letztem Jahr sieht, ist diese Welt und besonders der Westen nicht nett, liebevoll und kooperativ, sondern trieft nur von grausamer Dummheit und Ignoranz. Von wegen Mitgefühl oder "Solidarität". Da gibt es nichts davon, und da deshalb auf Verständnis zu hoffen würde einen letztlich nur schwächen.

Wie ich schon mal intern beschrieben habe zeigt sich jetzt nämlich, aus welchem Holz ein Mann geschnitzt ist: Regrediert er in Kleinkind-Verhalten, zieht er herunter, macht er sich selber und andere kaputt und jammert über diese katastrophalen Umstände, oder vollzieht er eine Umkehr in Richtung Selbstverantwortung und löst sich von seinen Erwartungen an seine Umwelt? Letzteres ist nämlich die einzige Option, denn nur so kann ich meine Lebensfreude bewahren, denn wenn ich nach außen schaue, da etwas erhoffe, so könnte ich mich praktisch jede Sekunde meines Tages nur noch vor Wut selber auffressen, über so viel Enttäuschendes, das abläuft.


Der Frust und das Selbstmitleid bezüglich Frauen ist bei mir so nach und nach einem spielerischen Herangehen gewichen, wie normalerweise wohl auch das sogenannte Flirten empfunden wird (wo es heutzutage eben noch geht; es muß erstmal eine Frau gefunden werden, die dazu bereit ist; ist ja mit den Masken und dem ganzen Abstandhalten ja praktisch unmöglich geworden). Das Krampfhafte, das Gierige wurde durch das bessere Verständnis abgelöst, daß es dennoch möglich ist, sich daran zu erfreuen, was nun mal da ist, auch wenn das in dieser historischen Phase für einen Mann eben sehr wenig ist. Unter dem Aspekt verfliegt auch das Gefühl, daß dann noch ein Problem herrscht, denn in meinem Leben selber existieren halt dann eben die Gelegenheiten, die ich nun mal habe, und wenn das eben wenige bis keine sind, dann gilt es sich an Orte zu begeben, wo vielleicht mehr Möglichkeiten sind, und wenn auch das leider nicht geht, weil es wie in der heutigen Zeit praktisch verboten ist, dann lebe ich halt alleine und mache das Beste draus, was auch nicht schrecklich ist.


Mir schadet es nämlich, wenn ich mir noch große Hoffnungen mache, und ich denke mir so: Wieso soll ich mir selber zusätzlich schaden? Ich kann die Umstände nicht ändern. Ich kann eine Frau nicht dazu bringen Interesse an mir zu haben. Ich habe diese Punkte nicht in der Hand, also wieso sollte ich zulassen, daß sie mich belasten? Klar, ich kann mich zeigen, kann kommunikativ und offen sein, aber wenn auf dem Markt kein Bedarf herrscht, dann ist das halt so. Wie heißt es so schön: Dann bin ich zur falschen Zeit, am falschen Ort.


Es ist für mich auf jeden Fall erstaunlich, daß ich das jetzt so nüchtern sehe, denn noch vor ein paar Jahren wäre ich vor Verzweiflung wirklich fast gestorben, weil dieses Abkappen von der Möglichkeit der Geschlechterbeziehung durchaus auch folterhafte Züge annehmen kann; was viele sicher als übertrieben einstufen würden, sich aber für einen empfindsamen, jungen, voll im Saft stehenden Mann durchaus so anfühlt.


Ich stehe deshalb noch lange nicht über diesem Thema, und es wäre falsch es als erledigt abzuhaken, aber viel wichtiger ist, daß ich mich auf einem neutralen, nüchternen Blick auf die Sachlage einfinde, weil dann auch die ganze unnötige, aufgeblähte Emotionalität sich auflöst. Denn die ist schließlich für das meiste Leid verantwortlich, denn wenn ich einfach mein Leben lebe und meinen Alltag angehe, kommt das Thema eigentlich praktisch gar nicht auf, außer ich wälze es, in dem ich Hoffnungen ("hoffentlich habe ich doch einmal Sex in meinem Leben") und Befürchtungen ("ich werde wohl mein gesamtes Leben ohne Sex fristen müssen") aufbausche, die für mein jetziges Herangehen im Leben aber praktisch keine Relevanz haben, weil es letztlich ein Scheinproblem ist. Wo ist nämlich der Punkt, ob ich Sex habe, oder nicht? Genauso könnte ich die Bedingung, daß mein Leben verwirkt oder erfüllt ist, daran knüpfen, wie viele Stücke Torte ich gegessen habe oder wie viele Massagen ich erhalten habe. Es ist ein Genuß, und als solcher doch nicht wirklich entscheidend.


Damit sage ich nicht, daß es nicht Ok wäre, etwas mal zu probieren oder zu genießen. Ich wollte nur auf den Punkt hinaus, daß es weit wichtigere Dinge im Leben gibt, als ob ich Sex mit einer Frau habe, oder nicht. Es liegt nämlich ein grundlegender Irrtum zugrunde, daß es im Leben darum ginge, möglichst viele tolle Sinneserfahrungen zu sammeln, um dann zufrieden abtreten zu können. Für mich ist das jedoch das Lebenskonzept der Verlorenen, die sich die ganze Zeit nur auf der Oberfläche ihrer Existenz etwas vormachen, nie herausfinden wollten, was ihnen ihre Tage wirklich sagen wollten. Denn dann wird klar, daß wirkliches Glück weit tiefer reicht, als ein paar Nervenreize an Organen. Es gibt ein Glück, welches unerschöpfliche Genugtuung und Befriedigung bietet, völlig unabhängig von Ereignissen und Erfahrungen, ein Glück so tief, so reichhaltig, daß jedes Fortstreben davon unhaltbar werden läßt. Ein Glück, welches mit Worten nicht faßbar ist, weil Worte es nur wieder festhalten und damit überdecken würden. Aber wenn man es benennen müßte, um zumindest einen Fingerzeig zu liefern, so wäre es das So-Sein der Dinge, wo das maximal mögliche Glück zu finden ist. So, wie die Pferde auf der Koppel stehen: Völlig unspektakulär und doch total in sich ruhend, nirgendwo mehr hinwollend, nirgendwo mehr hinstrebend, sondern einfach im Moment verankert. Was muß dann noch passieren? Was hat dann noch stattzufinden? Was immer das Leben, das Wetter, die Natur bringen mag, das bringt es. Und was nicht, das eben nicht.

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