Es ist eigentlich ganz einfach: Erzähle doch mal in deinem menschlichen Umfeld was von deinen persönlichen Leiden, psychischen Krisen, Einsamkeitsgefühlen, was auch immer dich bewegt. Wen interessiert das wirklich? Die meisten Leute wollen davon nichts hören, weil es unangenehm ist, weil es sie genauso mit ihrer eigenen dunklen Seite konfrontieren würde. Genauso aber ist es nun in diesem Land: Die Leute in der Masse interessieren diese ganzen Schäden bei Einzelnen nicht einmal ansatzweise.
Lieber reden sie sich ein: "Es wird hier immer besser, wir schützen nicht nur uns, wir werden immer gesünder, wir retten die gesamte Menschheit, die armen Afrikaner, das Weltklima, was auch immer", denn da gibt es keine Krisen, da ist alles immer Tip-Top und man hat immer ein Lächeln auf den Lippen. Diese ganzen Menschen, die da jetzt leiden passen doch nicht in dieses glorreiche Bild der erfolgreichen, strahlenden Lichtgestalten, die immer alles wissen, können und richtig machen.
Es ist wichtig, selber so nicht zu sein, diese Darstellung nicht als Ideal zu nehmen, mit der ich mich selber vergleiche, weil ich dem nicht gerecht werde. Auch bei sich selber nicht zu meinen: "Ich werde scheinbar immer abgeklärter, immer intelligenter, immer fitter, immer sicherer in meinem Tun, werde immer weiser, verstehe immer mehr" usw.
Daß das nicht wahr ist, merke ich vor allem an so total trüben, müden Nachmittagen gestern, wo ich auf gar nichts mehr Lust habe, und nur noch auf der Matratze vor mich hindämmere, so als wäre jeglicher Lebensimpuls und jede Begeisterung verschwunden, die ein, zwei Stunden vorher noch da war. Es ist Ok, daß das so stattfindet. Es muß nicht immer alles besser werden.
Umso wichtiger finde ich daher diese Ansprache von Marlene Lufen. Genau da öffnet sich wieder das Herz, wenn ich diese dunkle, depressive Seite nicht von mir weise, sondern sie sogar als eigentlichen Wert erkenne. Auch die Musik von Nick Drake eröffnet diese Seite in einem, bricht sie auf.
Unter dem Aspekt ist sogar ganz gut, was hier nun mit den Lockdowns passiert. Die Menschen müssen wieder mit der anderen Seite in Kontakt kommen, so traurig, so unangenehm, so grausam und niederschmetternd das auch erstmal wirken kann. In Wahrheit jedoch kommen wir aber nur so wieder in der Wirklichkeit an - es gibt da leider keinen Umweg. Nur so werden wir dann auch wieder dankbarer, wenn dann so wie heute z. B. wieder die Sonne scheint.
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