Ich bin zufällig auf folgende, kurze Szene ab ca. Minute 18 in einem Film gestoßen, auf die ich unbedingt eingehen möchte:
Meinem Gefühl nach sind da etliche Mißverständnisse vorhanden, die ich hier mal aufräumen möchte:
Zuallererst: Denken ist erlaubt! Komplett. Es muß nicht gestoppt werden. Es geht überhaupt nicht darum, in irgendeinem glücklicheren, entspannteren Zustand anzukommen, der angeblich im Nicht-Denken liegen würde. Da muß nichts bewertet werden, weder das Denken abgewertet, noch die Stille höherbewertet werden. Es reicht, wenn alles mal so ist, wie es ist, auch die angeblich so "bösen, unentspannten" Gedanken. Da wartet kein großes Glück! Das sind völlig irreleitende Hoffnungen.
Die Frage ist nämlich eher: Was ist faktisch da? Hat z. B. der Ärger eine reale Grundlage, wenn ich z. B. über jemanden nachdenke? Wieso halte ich irgendwelche Aussagen über mich, über bestimmte Themen für so relevant, wenn ich meine, daß sie sowieso nicht stimmen? Wieso will ich, daß der andere anerkennt, wie ich lebe, bin also letztlich wie ein abhängiges Kind, was darauf angewiesen ist, daß die Eltern ihm wohlgesonnen bleiben? Wenn ich so leben möchte, wie ich will, wieso ziehe ich nicht aus, und schaue, wie ich selber zurechtkomme?
Solche Fragen tauchen auf, wenn ich ehrlich mit mir bin. Es sind auch Gedanken, aber Gedanken, die aus der Tiefe aufsteigen und daher eine echte Relevanz haben. Die muß ich nicht künstlich wegschaffen, sondern sind für die Situation dann auch passend und stimmig, können zunächst vielleicht sogar unbequem sein. Der Verstand arbeitet so aber dann auf die richtige Weise. Da ist kein Problem (was dann sicher auch angenehm wirken kann, aber nicht ekstatisch, sondern eher als Abwesenheit von Leiden, also relativ unspektakulär; da das sowieso jeder kennt z. B. aus dem Tiefschlaf, ist es eben genau so selbstverständlich und daher nichts Besonderes).
Kompliziert wird es, wenn so wie in dem Ausschnitt Nicht-Denken trainiert werden soll, was völlig widernatürlich besonders für Deutsche, westlich geprägte Menschen ist, die ihr Leben lang darauf geschult wurden, eben alles erstmal durch Denken lösen zu wollen. Dann zu sagen: "Denke nicht!", ist wie zu sagen: "Mach, daß deine Nase nicht da sein soll." Man fordert etwas völlig Absurdes ein. Und nicht nur das: Es verstärkt das Gefühl der Getrenntheit, so als ob da zwei Instanzen in einem wären: Eine, die etwas macht, und eine, mit der etwas gemacht wird, die verbessert werden soll. All das schürt nur unnötig einen Konflikt.
Ich kenne diese innere Zerrissenheit sehr gut auch von meinen ersten "Meditations"-Versuchen, die reine Kämpfe waren mit dem Denken, was ja angeblich so schlecht und nervig sein soll. Es ist sicher was dran, daß das völlig unbeobachtete Denken einen völlig an der Nase herumführt, aber das endet im selben Moment, wo ich mir dessen gewahr werde. Ich meine, wenn ich einen Trickbetrug einmal durchschaue, kann ich doch nicht mehr reinfallen, oder? Hier ist zu sehen: Es ist keine Sache des Machens, sondern eher eine Sache des Sehens und Verstehens, also es kommt auf die Aufmerksamkeit an, nicht auf das Handeln.
Das wird aber in unserer aktiven Gesellschaft natürlich oft auch völlig mißinterpretiert, wo jemand, der so etwas sagt, sofort als Faullenzer und Nichtsnutz abgetan wird, und wie auch in dem Filmausschnitt danach dieses Klischee des Nicht-Handelnden, auf dem Sofa Liegenden bedient wird; wobei dort auch der äußerlich Nicht-Handelnde innerlich sehr wohl wie schon gesagt das Denken bekämpft, also letztlich gar kein wirkliches Nicht-Handeln betreibt, was sich sogar in sehr energischem Handeln ausdrücken könnte, gar nicht rein passiv, meditativ sein muß.
Es ist schon verrückt, wie viele verwirrende Konzepte so in der Gesellschaft kursieren, die vor allem aus dem New Age-Bereich stammen, wobei die schon relativ fortgeschritten sind, weil sie das Thema zumindest schon mal etwas kennen, während die normalen, vom Christentum oder den Naturwissenschaften geprägten Menschen überhaupt noch nicht mal ansatzweise merken, was da in ihrem Denken eigentlich los ist.
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