Wenn ich meinen Lebensausdruck so betrachte, dann fällt mir doch sehr oft auf, wie sehr ich mich verkümmere. Daran ist weder die Gesellschaft schuld, noch andere Menschen. Ich erlaube mir vieles nicht, und spiele die graue Maus, bescheiden, ruhig und mit wenig zufrieden. Das ist aber nicht das volle Ausschöpfen meiner Möglichkeiten, fange ich langsam an zu merken. Leider ist es doch eine feste Gewohnheit, die ich so bisher kaum sehen konnte.
Schon oft habe ich geschrieben, das es für mich gar nicht darum geht viel zu erreichen, groß Dinge zu erleben. Aber das meine ich hier nicht. Es geht mir mehr um das Gefühl von Freigiebigkeit und Weite in mir selber, ganz unabhängig in welchem Umstand ich mich wiederfinde. Was bin ich bereit mir zu geben, auch in menschlichen Interaktionen? Was meine ich da, immer zurückhalten zu müssen, aus Angst abgelehnt zu werden oder sogar andere zu verletzen?
Mir fällt das zum einen daran auf, daß ich z. B. Leute meist nicht direkt ansehe, wenn ich mit ihnen interagiere, sondern auf den Boden oder weg gucke. Nun muß ich mich dazu natürlich nicht zwingen, manchmal ist es sicher auch ein Körperzeichen, was etwas Empfundenes ausdrückt. Es ist auf jeden Fall eine Selbst-Beobachtung. Woher das kommt? Kann ich nicht sagen. Was ich weiß ist, daß es ein Zeichen der gewohnheitsmäßigen Selbstabwertung und des Kleinbeigebens ist. Ich bin schließlich nicht wichtig, nur irgendein dahergelaufener Typ, der so uninteressant und unbedeutend ist, daß er dem Gesprächspartner nicht würdig ist. Ich muß mich auf jeden Fall zurückhalten, ansonsten ist es doch echt eine Zumutung, was ich da von mir gebe.
Nun ist das nicht immer der Fall, es kommt auf die Situation an, aber es ist ein Beispiel. Ich könnte jetzt auch Schlußfolgerungen finden, wie ich das ändern könnte. Da kenne ich z. B. die ganzen Forderungen, die jahrelang aus Kübeln über mich gegossen worden, wie, ich müsse selbstbewußter werden, mehr aus mir rauskommen, usw. Das alles ist großer Humbug, denn ich schon längst verabschiedet habe, und mir tut jeder Leid, der noch so denkt. Das ist also sicher keine Antwort.
Was ich merke ist, daß es mir in gewissen Situationen gut tut, wenn ich in dem Moment einigermaßen präsent bin, mehr aus mir rauszugehen, dann aber nicht als Ego-Forderung, sondern als spielerischer Akt. Das kam mir letztens, als mich beim Arbeiten mit Schaufel und auch Bagger ein fremder Mann sehr humorvoll angesprochen hat, indem er meinte, in der Erde hätte er ein paar tausend Euro vergraben. Ich antwortete, daß ich wegen Euros nicht graben werde, weil die sowieso bald nichts mehr wert sein werden. Nach Gold und Silber würde ich suchen. Der Mann verstand was ich meinte, und wir sprachen ein wenig über die zunehmende Inflation des Euro-Fiatgeldes, ganz offen und unverbindlich, weil er das auch beobachten konnte. Es war sofort ein Kontakt da, und ich wußte, daß da in mir einiges schlummert, und einfach frei ist zu sprechen. Was sich z. B. auch gar nicht darum schert, was andere in der Umgebung denken, sondern frei Schnauze agiert und Spaß daran hat, die eigenen Wahrnehmungen zu teilen.
In dem Moment ist dann auch genanntes "Problem" weg, was an sich ja auch keines ist, solange ich mir das nicht aufbaue, indem ich mich in ein künstliches Gefängnis stecke, wo ich anfange zu überlegen: Darf ich das, darf ich das nicht? Dann ist nämlich Hopfen und Malz schon verloren, und die Freiheit die Toilette heruntergespült worden. Es gibt immer Menschen in der Umgebung, die auch gerne zuhören, selbst wenn mir klar ist, daß vieles wahrscheinlich nicht verstanden wird. So muß ich mir aber ganz klar sagen: Was zur Hölle interessiert es mich, was in dem anderen vorgeht? Wenn der Fragen hat, dann kann derjenige Fragen. Und wenn nicht, dann halt nicht. Es geht um meine Seite, und ob ich in meiner Interaktion vollständig bin. Die Reaktionen sind in allererster Linie nicht von Gewicht.
Es wird immer Leute geben, die sich massiv ärgern, wenn ich was sage. Denen werde ich es sowieso nie recht machen können, selbst wenn ich alles so mache, wie sie es erwarten. Von dem her: Worauf also Rücksicht nehmen? Die Zeit der falschen Zurückhaltung ist vorbei.
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Mir fällt noch ein: Dieser Blog ist ja genau das. Mittlerweile bin ich auch an dem Punkt, mehr zu dem zu stehen, was ich hier mache, egal wem gegenüber. Wer sich daran reiben will, kann das gerne tun. Wem das gefällt: Liebend gerne! Ich bin froh über jede Reaktion. Für mich ist jede Art von Reaktion ein Erfolg, egal ob positiv oder negativ, überall im Leben, weil es zurückspiegelt, daß ich lebendig bin.