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Wahre Intelligenz


Weiterführen: Wahre Intelligenz zeigt sich in Präsenz.

Ich sehe bei anderen, aber auch bei mir, wie das Verpassen dessen, das Verpassen von allem ist. Beobachte ich andere Menschen so ist klar ersichtlich, daß praktisch niemand bei sich ist. Die allgemein bekannten Ablenkungen will ich hier nicht erwähnen, die sollten bereits klar sein. Interessant ist, was passiert, wenn nichts davon vorhanden ist, z. B. an roten Ampeln, wenn man auf etwas oder jemanden warten muß, in Warteschlangen, wenn in Gesprächen Lücken entstehen. In Millisekunden setzt der Verstand ein, der diese Situation negativ bewertet und nach einer Lösung im außen sucht: Frustrierte Äußerungen, Getränke, Essen, Zigaretten, sinnloses Gerede, Lesen von Werbungen, Plakaten, Bildschirmen, Bewertungen über andere Menschen in der Nähe, gesellschaftliche Umstände. Die Aufmerksamkeit will suchtartig überall hin, nur nicht zu ihrer Quelle.

Nach ein paar Jahren scheine ich nun nach und nach öfter an den Punkt zu kommen, daß mir die Ablenkungen zuwider sind, d. h. ich ertrage sie mittlerweile immer weniger, wobei ich hin und wieder auch Anwandlungen dazu habe, z. B. Herumklicken im Web, Smartphone in freien Minuten, Annehmen von Kaffee, dadurch zunehmende Abhängigkeit von und Gewohnheit an Koffein, um ein paar Beispiele zu nennen.

Ein Entzug davon wirkt erstmal unangenehm, denn es scheint wie ein Verlust, wie eine Schmach, ein Verzicht auf Lebensfreude, aber nur für den Verstand. Auf der anderen Seite entsteht Kraft, weil ein höherer Wert wichtiger geschätzt wird, als der sensorische Genuß. Man gewinnt Respekt vor sich selber, fühlt sich freier, weil das Vakuum nicht gescheut wird, eine Berechtigung erhält.

Es ist sogar mehr: Je öfter genau das in Kauf genommen wird, desto mehr wandelt sich alles, wie ein Polsprung: Zunehmend wirkt die Ablenkung, der Selbstverlust unangenehm, irgendwie eklig, pappig, während das Ankommen bei sich z. B. im einfachen Da-sitzen und Sein angenehm wird, und zwar nicht angenehm im Sinne der Alltagssicht, die darunter Bequemlichkeit, leckeren Geschmack oder Zärtlichkeit versteht, sondern es ist als würde alles erstmal einmal sacken dürfen, der Druck wird rausgenommen und alles darf einfach mal so sein, wie es ist. Am ehesten könnte man Entspannung dazu sagen, wobei es das nicht wirklich ist, es ist ja nicht Schlafen, Massage oder Wellness, sondern ein sehr energievolles, intensives Schätzen des Moments.

Die einfachen Dinge beginnen zu strahlen. Die subtilsten Wahrnehmungen wie der Geschmack oder Fluß von Wasser, ein laues Windchen, leise Geräusche im Hintergrund wie Vögelgezwitscher oder Verkehrslärm in der Ferne, oder auch feine Gerüche wie moderndes Laub oder Kochgerüche aus entfernten Gebäuden bekommen mehr Dichte. Auch viel Unangenehmes fängt an ins Bewußtsein zu fallen, dem man sich dann wehrlos gegenüber fühlt, z. B. Zigarettengeruch, auch die Gesichter von Mitmenschen, deren Tonfall, Mimik, Gestik. All das fällt natürlich viel stärker auf, läßt einen auch häufig erschaudern.

Mit offenen Sinnen durch diese Welt zu gehen heißt damit klarzukommen, was hier alles passiert, und das ist sicher keine leichte Aufgabe, aber wer einmal anfängt zu sehen, der weiß, daß das eben mit dazugehört. Es kann nicht nur eine Seite geben, nur Lachen, nur Fröhlichkeit, so wie es ja im Alltag ständig angestrebt wird. Dieses Lachen tut nämlich weh, es ist hart, es ist ein quälendes, kein befreiendes Sich-Äußern. Wer lebt, der kann davon nur entsetzt sein. Aber auch das ist noch nicht die Selbsterkenntnis. Das Sehen im Außen gehört sicher mit dazu, das Verstehen was dort passiert, aber nur um es als abschreckendes Beispiel zu nehmen, um selber umso mehr die Richtung zu sich selber einzuschlagen, die durch positive Beispiele schon als möglich aufgezeigt wurde.


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