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Da sein, wer hindert einen daran?


Aus einer zugegebenermaßen schon älteren Nachricht an mich (es ging um Präsenz, man selber sein):

[...] Alleine klappt das gut, nur z.B. in Gegenwart anderer Menschen ganz "da" zu sein, finde ich nicht einfach. Allein durch das Kommunizieren und die eigene Rolle, die man einnimmt und ausprägt als Person finde ich es beinahe unmöglich. Darüber reden mit anderen klappt auch nur schwer; habe den Eindruck, es ist etwas, was man eigentlich nur mit sich Selbst erfahren kann.

Meine Antwort dazu:

[..] Es ist eine wichtige Fragestellung, die ich da herauslese: Kann ich ich selber sein, in der Gegenwart von anderen? Meinem Gefühl nach: Dort erst recht! Wenn nicht dort, dann nirgendwo, und alleine sowieso nicht. Freude, Ärger, Trauer, Wut, Liebe, alle Erfahrungsspektren werden dort in Potenz verstärkt, wo andere Menschen mit mir in Interaktion treten.

Das will noch weitergeführt werden. Da steckt nämlich einiges drin. Es ist nämlich ein immens wichtiger Punkt, weil diese Überzeugung auch in mir stark vorhanden ist: Alleine kann ich bei mir sein, aber die Gegenwart anderer wirft mich leider aus der Bahn, die machen es mir schwer. Also vermeide ich sie so gut es geht, aber da das nicht immer geht z. B. im Job, muß ich mich wohl oder übel damit arrangieren d. h. mich anpassen, meine Präsenz opfern bzw. diese hat dann gar keine Chance mehr, ich verliere sie.

Was ich z. B. immer unter "Ich selber sein" verstanden habe ist eine Art Aufmucken, oder besonders auffälliges oder unmoralisches Verhalten. Eigentlich geht es aber nur um die einfache Aufmerksamkeit für ganz egal, was genau ich tue, mit wem ich es zu tun habe, in was für Umständen ich mich wiederfinde.

Was verdeutlicht gehört: Die Präsenz kann niemals verloren gehen. Sie ist immer da, ansonsten könnte absolut nichts mehr wahrgenommen werden. Da sie das ist, ist sie in Gegenwart anderer Menschen nicht plötzlich weg. Wenn ich also in Situationen mit anderen verklemmt bin, oder ich habe das Gefühl, vieles nicht sagen zu können oder zu wollen, dann bin ich an dem Punkt ja trotzdem präsent, weil ich ja diese inneren Stimmen, Zweifel, Ängste alle registriere. Präsenz ist ja nicht eine bestimmte Verhaltensweise, was auch immer man sich da vorstellen mag, sei sie mutig, kraftvoll, selbstsicher, sondern es kann alles sein, wirklich jede Gefühlsregung.

Das Registrieren ist der Schlüssel z. B. ich registriere, daß ich mich anpasse, daß ich in meiner Kommunikation kleinbeigebe, daß ich mich in sozialen Rahmen, im Job mit Gefühlen zurückhalte, mich unsicher fühle usw. Gut, dann ist das so. Das ist da.

Genau diese sozialen Interaktionen bringen ja diese Muster heraus, wofür man ja doch wirklich dankbar sein kann. Weil dort die Energie höher ist, sieht man viel mehr die Einschränkungen, denen man sich selber unterwirft. Es ist nie das Kollektiv, was das tut, sondern die Freiheit sich unfrei zu verhalten, die ist bei einem selber.

Ich bin z. B. nicht gezwungen mit den Menschen zu interagieren, mit denen ich interagiere, selbst im Job nicht. Ich kann ja wechseln, ich kann in eine Firma mit anderen Leuten gehen, anderem Betriebsklima, oder meinetwegen reicht es auch kurz Pause zu machen. Oder mich selbständig machen. Wobei es erst recht spannend sein kann, da zu sein, wo man mit Menschen zusammenkommt, die vielleicht nicht die sind, die alles verstehen, was man sagt, oder einem in allem zustimmen. Dann kommen doch erst recht neue Seiten bei einem selber zum Vorschein, die man vorher noch nicht kannte, sei es auch Wut oder Ärger. Wieso nicht? Ist doch auch interessant, wenn das mal hochkommt.

Worauf ich hinauswill: Jede Situation ist wertvoll, vorausgesetzt ich bin präsent und bekomme mit, was passiert. Bin ich abgelenkt, sei es durch Unterhaltung, wenn ich alleine bin (durchaus etwas, was mir oft passiert), oder in Gesellschaft anderer durch deren Gerede, dann ist das sicher etwas, was genauer unter die Lupe genommen werden will. Im selben Moment aber, wo ich das tue, bin ich aber lustigerweise wieder sogleich präsent, weil ich ja mitbekomme, daß ich mit der Aufmerksamkeit weggetreten bin. Das Licht ist immer da, trotzdem. Das kann man sich nicht oft genug vergewissern.


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