Gerade dazu ein Audio aufgenommen, aber der Upload wird erstmal auf sich warten lassen müssen.
Ich habe Riesenbarrieren einfach flüssig zu sprechen. Meinem Gefühl nach ist das durch niemand anderen ausgelöst, denn ich könnte auch im Gefängnis sitzen, und mich könnte auch dort niemand am Reden hindern.
Was mir kommt ist, daß es ein Egoproblem von mir ist, eine scheinbare Sicherheit in die ich mich flüchte. Ideen wie Meditation, Zen, Buddhismus, asiatische Denkweisen an sich, passen dann ganz gut, ich muß ja nichts tun, Schweigen, das wird da positiv bewertet.
Ich kann dann vor allem die Kontrolle behalten. Während andere bockig, trotzig oder wütend werden, drückt sich das bei mir durch inneres Leiden aus, durch eine resignative Apathie. Niemand kann mir dann was, keiner kann mir Fehler vorwerfen, ich behalte die Sicherheit in meiner Hand. Es ist ein Sich-abschneiden, ein Sich-gegenüberstellen zum Leben.
Natürlich spielt da die Angst der Persönlichkeit mit hinein, für Äußerungen verletzt zu werden , genauso wie Leute heute Angst haben müssen, aufgrund von Hatespeech angeprangert zu werden, man habe falsche Gedanken geäußert usw. So nehme ich mich aber auch im zwischenmenschlichen Bereich meist zurück, könnte nicht wieder was Unangenehmes drohen?
Ganz dahinter bin ich noch nicht gekommen, aber es wäre interessant, es heute und morgen mal unter anderen Menschen zu beobachten. Ich habe nämlich dieses Wochenende wohl etwas mehr mit Menschen zu tun.
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Es hat viel eher was mit Verheimlichung zu tun. Daher auch das schelmische Grinsen, wenn doch etwas rauskommt, z. B. als ein Bekannter im Handballverein herausfand, daß ich gar nicht wußte, daß mein Vater in seinem Betrieb arbeitet, und dadurch offensichtlich wurde, daß ich keinen Kontakt mit meinem Vater pflege.
Auch das ist ein Thema, was mir noch nicht ganz klar ist, und wo Schweigen und Ignorieren bei mir die Norm ist. Es ist schon so, daß ein anderes Verhältnis zu Eltern und Familie üblich ist, als es aktuell bei mir der Fall ist. Aber was ich so darüber herausgefunden habe, ist, daß ich nicht bereit bin mich zu relativieren, und mich irgendwelchen Erwartungen anzupassen, wie etwas aus Prinzip zu sein hätte.
Dennoch habe ich das Gefühl, schadet mir die noch vorhandene Unklarheit insoweit, daß ich nicht in meiner vollen Kraft bin, d. h. ich habe z. B. das Gefühl, daß keine Frau in meinem Leben sein möchte, wenn sie die Wahrheit erfährt. Auch da also Verheimlichen, am besten gleich jeglichen Kontakt vermeiden.
Es ist klar, praktisch jeder, nicht nur Frauen, werden einem da sagen, man muß mit seinen Eltern zurechtkommen, sie haben einen ja zu Welt gebracht, gefüttert, Obdach gegeben usw. Und das mag sein, ich habe mich nicht selber gezeugt, zur Welt gebracht und am Leben erhalten, aber bin ich deswegen auf ewig Menschen verpflichtet, und wer erklärt mir, daß ich das zu sein hätte, daß es meine moralische Pflicht wäre? Wo ist da Freiheit, wo Verständnis für mein Wollen, mein Empfinden? Das darf es nicht geben, gehört verdeckt, wie schon damals auch mir als Junge gesagt wurde: Kinder müssen schweigen, wenn Erwachsene sprechen. Als ob das eine relevanter als das andere wäre.
Es ist durchaus ein innerer Diktator, der vorgibt, was akzeptabel ist und was nicht, was Ok zu tun ist, und was nicht. So habe ich, bevor ich lange bei dem Handballturnier zwischen meinen Spielen warte, einfach alleine im halleneigenen Kraftraum trainiert, auch wenn mich jeder für verrückt erklärt hat, als er mich sah. Das einfache Rumsitzen und Zugucken wie andere spielen, kam mir aber wie verlorene Zeit vor.
Nun, da verheimliche ich nicht. Es ist wohl noch was anderes, etwas, was in Momenten, die als bedeutsam interpretiert werden, auftritt, und mich da unter Druck setzt. Eine gewisse Erwartungshaltung an mich selber, wie ich zu sein hätte, aber ja nicht bin, und dadurch dann eine unangenehme Spannung entsteht.
Vergleichbar mit der Versagensangst im Handballtor: Wenn jetzt die Performance nicht stimmt, dann werde ich ausgelacht, andere sind enttäuscht von mir, ich von mir selber bla bla. Ist das aber wahr? Wohl kaum. Andere nehmen das beiläufig wahr, aber letztlich weiß ich immer selber, ob etwas klappte oder nicht. Was andere dazu sagen, spielt keine Rolle und das weiß ich auch.
Mir kommt noch: Schweigekartell. Meine Familie ist ein interner, abgeschlossener Bereich, und nichts darf nach außen dringen. Vielleicht kommt das noch aus der russlanddeutschen Minderheitensituation in der Sowjetunion, die noch hier wirkt, und auch die hier Geborenen mit beeinflußt und abkapselt, vor der ach so gefährlichen Außenwelt, die einen ständig bedroht, und der man sich ja nicht zu weit öffnen sollte.
Aber all das ist kein Zwang. Wenn, dann übernehme ich das, weil ich mir das noch nicht genügend klar gemacht habe. Mag sein, daß das mit hineinspielt, aber das alleine ist es noch nicht.
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Bei dem Turnier konnte ich durchaus erhöhte Kommunikationsbereitschaft bei mir sehen. Wo ich vorher meist doch eher ruhig und an Gruppen orientiert war, bin ich nun wie ein freier Radikaler gewesen, und habe die Leute angesprochen, die ich interessant fand, und bin weggegangen, wenn ich weggehen wollte. Ich sprach sogar spontan zwei Frauen an, weil mir ihre T-Shirts gefielen, etwas, was mir vorher nie über die Lippen hätte kommen können. Dafür aber brauche ich Freiraum, Zwanglosigkeit und einen ruhigen Verstand, der keine Leidensgeschichte aufbaut.