Freiheit hat nichts mit Handlungsspielraum zu tun, sondern sie ist eine innere neutrale Haltung zu allem was man tut oder nicht tut, zu jedem Ort an dem man sich befindet, zu jedem Menschen, dem man begegnet, zu jedem Kontostand, den man hat. Hier merke ich, daß das gar nicht mal so leicht ist, weil der Verstand natürlich seine Vorstellungen ungern aufgibt, wie ein glückliches Leben auszusehen hat.
Es ist vor allem eine Abwesenheit von jeglichen Bewertungen. Freiheit bedeutet damit raus zu sein aus dem zwanghaften Streben zu Momenten, die scheinbar wichtiger, bedeutsamer oder angenehmer erscheinen, oder dem Vermeiden von langweiligen, banalen und unwichtig erscheinenden Situationen.
Z. B. werden wichtig bewertet: Hochzeiten, Geburtstage, Gesellige Anlässe mit anderen, Gutes Essen, Urlaube, Kauf eines tollen Produkts, Finden eines Partners. Belanglos - und deshalb vermieden - erscheinen: Warten in der Schlange, Sitzen im Waschsalon, Warten auf den Zug, Toilettengang, Zähneputzen, Gang von A nach B, Autofahren zur Arbeit, Bürotätigkeiten und und und.
Jeder Moment des Lebens ist aber gleich wichtig, ja selbst Tiefschlaf oder Träume bieten für einen selber genau die gleiche Qualität wie alles, was im Alltag passiert. Man muß nur mal hingucken, sehen, daß sich im Kern nicht wirklich etwas ändert. Für dich selber ist nämlich in allen Fällen etwas enthalten, einfach weil du es erlebst. Wobei im Tiefschlaf das Interessante ist, daß niemand etwas erlebt; aber auch das ist eine Qualität des Hier und Jetzt.
Handlungsspielraum ist immer begrenzt. Durch finanzielle Mittel, auch durch einen hohen Posten im Staat, im Bankenwesen oder in Firmen kann sich dieser natürlich ausdehnen. Hoher Einfluß auf andere, die Möglichkeit jederzeit überall hinzugehen, wohin man möchte, die Möglichkeit sich alles mögliche leisten zu können, ist sicher schön und gut, hat aber keine Korrelation mit Freiheit. Das wird gerne verwechselt.
Du kannst auch im Gefängnis sitzen, und trotzdem wissen, daß du nichts verloren hast. Es kann sein, daß draußen ein Krieg tobt, und die Insassen, die müssen keinen Dienst leisten, bleiben verschont. Wo bleibt dann noch die herkömmliche, negative Bewertung? Es ist doch dann eher wie ein Sechser im Lotto. Daran sieht man, daß der Verstand hier ein System von positiv, negativ, gut, schlecht, wichtig, unwichtig aufbaut.
Viele wünschen sich auch Prominenz oder Ruhm. Sind sie jedoch bereit, den Rummel um sich auszuhalten? Magazine berichten über sie, jeder erkennt sie auf den Straßen, einfache Spaziergänge ohne Bewachung sind nicht mehr möglich. Wo ist dann noch der Handlungsspielraum?
Das Streben z. B. nach finanziell mehr Möglichkeiten ist sicher nicht falsch. Der Irrtum ist aber der, daß du dadurch an einen völlig neuen Punkt kommen würdest. Das ist falsch. Wenn du vorher unfrei warst, wirst du auch durch einen Lottogewinn kein anderer Mensch.
Die Freiheit betrifft all das nicht, denn sie ist immer da, immer. Sie ist kein Ergebnis eines zukünftigen Ereignisses, sondern sie ist inhärent in jeder Situation vorhanden.