Sprich das aus, was du willst! Gebe dir die Erlaubnis deinen Willen auszudrücken. Du hast das Recht dazu! Und nicht, um andere zu dominieren oder zu beeinflußen, sondern, weil du nur so mit dir selber im Einklang sein kannst. Du hast auch keine andere Wahl: Entweder du betrügst dich, und verlierst immer mehr dein Würde, immer mehr deine Kraft, oder du nimmst das, was in dir ist, wichtig, respektierst das, gibst dem eine Berechtigung im Leben, gibst dir ein Ja!
Das klingt so leicht, aber es ist wohl mit die schwerste Aufgabe, die ein Mensch hat, der noch nie wirklich ernstgenommen hat, daß er auch noch da ist, der es gewohnt sind, übergangen zu werden, sich zurückzustecken, leise im Hintergrund zu warten. Es schwingt dabei eine eigenartige Schönheit mit, wenn gerade so jemand wieder zu sich findet. Es hat dann nicht den Charakter eines forschen, aufdringlichen, einschüchternden Auftretens, sondern geht einher mit Weite, Offenheit und Verletzlichkeit.
Der Verstand schreit, weiß ja sowieso, daß auf der anderen Seite nur Ablehnung und Verachtung auf einen wartet, aber tauchst du trotzdem durch, gehst den Schritt in das Unbekannte, so kommt es zu einer neuen Erfahrung: Die Spannung löst sich, der Bauch weitet sich, der Atem wird tiefer. Ruhe und Gelassenheit machen sich breit. Du rutscht im wahrsten Sinne des Wortes herunter im Körper. Eine feine, aber bestimmte Balance durchzieht dann die Wesenheit, findet zu sich. Fühlen sich Könige auch so auf ihrem Thron? Sicher, unerschütterbar, aber doch voll wach und demütig aufgrund der Verantwortung, nicht nur ihrem Volk, sondern vor allem sich selber gegenüber?
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Alltagsbeispiel: Die Kollegen rauchen auf dem Hinweg zur Baustelle im Auto. Dir ist es zwar unangenehm, aber du redest dir ein, daß es schon ginge, wenn du einfach das Fenster aufmachst, den Fahrtwind reinläßt und die Lüftung aufdrehst. Aber doch weißt du, daß du dir hier was vormachst. Du machst dich selber zum Deppen. Gedanken zerfressen dich regelrecht, der Gestank quält, aber vor allem die Rücksichtslosigkeit der anderen ist schwer zu ertragen.
Du weißt, daß du gefragt bist, weißt genau, was zu tun ist. Aber du drückst dich, findest Ausreden, wieso das doch Ok wäre. In Wahrheit verlierst du aber immer mehr dein Gesicht, biederst dich an, willst ja gemocht werden, willst niemanden vor den Kopf stoßen. Wäre es nicht total egoistisch, wenn sich jetzt alle an mich anpassen müßten? Ich bin ja nicht so einer. Wer will denn schon die Extrawurst sein, auf die sich alle einzurichten haben? Die anderen sind ja in der Mehrheit, und die Mehrheit entscheidet schließlich, wie in der Demokratie nicht? Da kann man halt nichts machen, selbst wenn die Mehrheit Idioten sind, dann muß die Minderheit das halt tolerieren. Macht sich die Minderheit dann aber nicht selber auch zum Idioten? Bin ich nicht genauso eine Regimestütze/ein Raucherunterstützer, wenn ich sie in meiner Gegenwart toleriere? Die Gedanken drehen sich dabei immer weiter, und das Leid wird immer aufdringlicher.
Die Lösung ist klar: Es gibt nur den Ausweg ins Handeln, und es ist sehr demütigend, das so zu sehen, weil es da keine Wahl mehr gibt. Es gibt nur den Weg nach vorne, und der heißt in dem Fall Vier-Augen-Gespräch mit dem Hauptverantwortlichen, einfaches Schildern der persönlichen, unangenehmen Situation und Bitten um Veränderung. Nicht mehr, nicht weniger. Diese Leute können sonst wo draußen rauchen, aber nicht mit mir im selben Raum. Das zu vertreten ist richtig, und eindeutig in der Körpermitte zu merken. Und man merkt, daß die Welt kein böser Ort ist: Der Andere ist nicht komplett vernagelt, geht auf die Bitte ein.
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Auffällig ist auch die Parallele zur politischen Misere hier in Deutschland. Wer konfrontiert diese Regierung mit ihrem giftigem, ganze Generationen zerstörendem Verhalten? Wieso läßt sich das Volk hier von solchen unfähigen, sie in Wahrheit verachtenden Maschinenmenschen ohne Herz und ohne Seele vertreten? Weil anscheinend die meisten schon abgedankt, sich aus ihrem Leben und von ihrer Verantwortung bereits verabschiedet haben. Nur deshalb, und wirklich nur deshalb, liegt dieses Land mit seinen Menschen so am Boden, kraftlos, müde und tot.
Es ist genau derselbe Mechanismus, den ich bei mir beobachten kann, z. B. wie oben beschrieben. Natürlich wirst du durch diese Schritte bei dir nicht Deutschland verändern, aber das ist dann auch gar nicht mehr nötig. Du hast schon genug damit zu tun, bei dir selber mal anzufangen. Das ist nämlich keine einmalige Hauruck-Aktion bei der dann alles gegessen ist, sondern etwas, was die ganze Lebensführung nach und nach transformiert.