top of page

Crazy Stupid Love


Ich bin dazu gekommen mir „Crazy Stupid Love“ anzuschauen, und war sehr begeistert. Der Titel trifft es ganz gut, denn dort wurde wirklich ein heilloses Durcheinander dargestellt. Und es zeigt, daß Liebe nicht erzeugt werden kann bzw. keinen Besitzer hat, der bestimmt, ob und wann er sie hat, sondern daß sie etwas ist, was durch einen durch geht, und nicht irgendeiner Entscheidung unterliegt. Man ist ihr einfach ausgeliefert. So wie dieses eine junge Mädchen eben den Vater mag, und sein Sohn sie. Das sucht sich niemand aus.

Es fällt schon auf, daß ich das im echten Leben eigentlich sehr selten sehe, auch bei mir. Das letzte Mal verliebt war ich wohl wirklich noch in der Schule. Und im Alltag, auch bei anderen Leuten, auch bei Paaren, selbst bei Verheirateten, sehe ich das nicht. Das sind keine Interaktionen, in denen die Leute durchgeschüttelt werden und auf Messers Schneide laufen, wo man schüchtern oder unsicher ist, weil einem die Gefühle jeglichen Boden unter den Füßen wegreißen.

Klar kann man sagen, daß das nur ein Filmklischee ist, aber ich frage mich dann schon in was für einer Welt wir hier leben, wenn das ja alles gar nicht real ist, und mit einem selber gar nichts zu tun hat. Wie flach muß die eigene Welt eigentlich sein, wenn soetwas ja angeblich gar nicht möglich ist, einen anderen Menschen mit Haut und Haaren, von Kopf bis Fuß, in seiner Gesamtheit, mit all seinen Eigenarten anzunehmen und zu lieben. Wie so ein Mensch zu sich selber steht, will ich dann gar nicht wissen.

Auf Amazon sind wie immer Knaller-Rezensionen:

Gut geschnittener Trailer voller witziger Szenen verspricht Unterhaltung - letzten Endes entpuppen sich die etwa 5 Trailerszenen dann aber als die einzig witzigen Sequenzen in diesem Film…

Der rote Faden: Langjährige Ehe zerbricht (vermeintlich) an einer Affaire Betrogener Mann muss gezwungenermaßen sein Leben umkrempeln Womanizer coacht ihn und lässt ihn eine ganz neue männliche Seite an sich selbst erkennen Durch einige „Zufälle“ und „Wendungen“ tritt ein Happy End ein

Nebenhandlung: Probleme verliebter Teenies (Babysitterin steht auf Familienvater, pubertärer Dreizehnjähriger steht auf Babysitterin)

Die Idee, die hinter dem Drehbuch von „Crazy Stupid Love“ steht, ist relativ simpel und mit Sicherheit besser zu verwirklichen, als das hier erhältliche Endprodukt.

Devise: Flapsige Sprüche, Humor auf unterem Niveau, ein Klischée kündigt das nächste an, unrealistisches Figurenverhalten

Absolutes „No-Go“: FREMDSCHAM bei sämtlichen überzogenen und in höchstem Maße unrealistischen Handlungen des pubertären Sohnes in Bezug auf seine Verliebtheit (gipfelt in einer Rede, die Besagter in der Schule hält, und dafür missbraucht um über die wahre Liebe und seine schlechten Erfahrungen zu diesem Thema zu referieren… Halloooo????!!! Er ist 13!!!)

Gesamtresumée: Dürftig, langatmig, vorhersehbar

Wahnsinn, „Probleme verliebter Teenies“. Was für Weicheier, nicht? Kein intelligenter Mensch würde sich sowas antun.

Da merkt man wie Menschen wirklich nur an der Peripherie der Existenz stehen und noch nicht mal erahnen, was es heißt zu leben. Verliebtheit? Igitt, was soll denn das? Das bringt doch nichts und verursacht nur unnötigen Streß…

Ach und sowieso kann das doch alles gar nicht sein, alles viel zu unwahrscheinlich, so viele Zufälle kann es doch gar nicht geben, so funktioniert das Leben nun mal nicht. Man solle in den Augen dieser Leute doch mal wirklich in der Realität ankommen. Eine Realität jedoch, die ich mir armseliger kaum vorstellen könnte (was zum Glück nicht die Realität, sondern ein von diesen Leuten selbstgeschaffenes, geistiges Ghetto ist).

---

Der wichtigste Eindruck des Films ist aber folgender: Auf der einen Seite wird gezeigt, wie der junge Mann reihenweise Frauen „aufreißt“ durch eine unerschütterbare, sichere Art, und sie auch dem älteren Mann beibringt. Interessant zu sehen ist jedoch, daß das nicht zu einer wirklichen Lösung führt, sondern nur Zeitvertreib ist, ein belangloses, sinnloses Dahindriften.

Das Eigentliche passiert nämlich woanders. Zu sehen deutlich in der „Verliebtheit“ der Protagonisten. Schüchterne, unsichere, sehnsüchtige und zarte Gefühle, die einen sogar fast zur Verzweiflung bringen. Die junge Frau, die einfach nicht an den älteren Mann herankommt, oder der Junge, der von ihr quasi ignoriert wird.

Dabei geht es gar nicht darum, genau das zu bekommen was man will, z. B. daß man zu dem anderen Menschen findet, sondern um das Finden von sich selber in dem Lieben und Sehen eines anderen Menschen, wie er ist. Das ist nämlich Liebe, etwas so zu mögen, wie es ist, mit allem, ohne auch nur ein Bißchen daran etwas ändern zu wollen.

Und genau das ist das Gegenteil der herkömmlichen Meinung darüber. Das, was hierzulande darunter verstanden und praktiziert wird ist die Anti-These dazu. Man versucht am Partner herumzudoktorn, mäkelt herum, fordert, stellt Ansprüche. Wo ist da Annehmen, wo Unterstützung im So-sein des Anderen?

Deswegen ist dieser Film nicht nur Klischee, sondern er verweist auf etwas Echtes. Und wer diese Qualität auch in sich erkennt, d. h. wer einen anderen Mensch so nehmen kann, wie er ist, der ist überhaupt auch erst in der Lage mit sich selber ins Reine zu kommen, weil er dieselbe Wahrnehmung dann auch erst sich selber gegenüber haben kann.


  • telegram-logo-AD3D08A014-seeklogo_edited
  • odysee_logo
  • brave lion
bottom of page