Ich bin gestern mehrere Stunden durch Freising, vor allem durch Weihenstephan und Vötting gewandert. Das Klima war etwas kühler, die Stadt ruhiger als sonst. Gestartet bin ich vom Haus in Neustift, in dem ich mein Zimmer miete, Richtung Altstadt.
Alles lief ungeplant ab, ich lief einfach nur dahin, wo es mich hinzog. Zunächst zu einer Grundschule in meiner Nähe, die eher in einer Seitenstraße versteckt liegt. Ein komisches Gefühl bekam ich bei einem Schild an der Wand vor dem Haupteingang „Gegen Rassismus, für Courage!“. Die armen Kinder, werden schon so früh instrumentalisiert mit einer Denkweise, die völlig an den Haaren herbeigezogen ist. Ich habe mein ganzes Leben lang noch nie Rassismus als Problem hier in Deutschland wahrgenommen, aber nun soll man dagegen Farbe bekennen. Naja.
Ich bin weiter gegangen, und wie so oft gibt es in Freising Arten von Geheimgängen und -treppen, die eine Abkürzung bilden, die ich aber vorher nie gesehen habe, weil sie scheinbar durch Privatgrundstück laufen, und auf keiner Karte gekennzeichnet sind. Damit fand ich also einen alternativen Weg in's Zentrum. Am anderen Ende der Altstadt ging es einen bewaldeten Berg hoch, wo ich jedoch zwar oft vorbeigefahren bin, aber noch nie wirklich hoch gegangen bin. Endlich war ich nach mehreren Monaten, die ich hier schon wohne, in Weihenstephan angekommen.
Mich zog es jedoch mehr in die bewaldeten Hänge, die den Berg säumen. Auch da gab es viele Wege, die schließlich bis nach Vötting führen. Auf einem Weg schien eine ältere Frau in einen Graben gefallen zu sein, und zwei Männer haben sie mit einem Stock herausgezogen, als ich gerade vorbeigekommen bin. Nach Nachfrage schien bei ihnen alles Ok zu sein. Sowas merkwürdiges erlebe auch nur ich, dachte ich mir dann.
Am Ende des Weges traf ich dann auf die Moosach, und an einer Brücke zu verweilen und einfach zu sehen, wie sich das Wasser seinen Weg bahnt, ist doch immer wieder faszinierend, auch wenn es immer dasselbe zu sein scheint.
Entlang des Baches ging es dann weiter, und langsam lichtet sich die Landschaft und geht in Mooswiesen über. Großgewachsene Birken- und Pappelhaine begleiten die Landschaft, die mir in dem Moment sehr vertraut vorkam, obwohl ich noch nie dort war.
Eine Gruppe von etwa acht jungen Studenten mit lauter Musik, hat meinen Weg passiert, und sie haben mich gebeten ein Foto von ihnen zu schießen. Was in denen wohl vorgeht, dachte ich mir? Sie boten mir ein Bier an, was ich jedoch dankend abgelehnt habe. Mich hat mehr die Gruppe von Ziegen interessiert, die etwas weiter weg zu weiden schien, und meine Aufmerksamkeit anzog.
Ich habe sie erreicht, und sie wirkten sehr zutraulich, sind sofort sehr nah an den Zaun gekommen. Ich habe sie mit etwas Löwenzahn gefüttert, der den ganzen Weg zu überwuchern schien. Schien ihnen zu schmecken, obwohl es eine etwas bittere Note hatte, nachdem ich es auch mal selber probiert habe.
An der Universität kam ich dann an einem Tümpel vorbei, von dem ein unglaublich lautes Quackkonzert ausging. Mehrere Frösche haben sich da ausgetobt, und auch gegenseitig besprungen. Scheint wohl ein Balzritual zu sein - wer am lautesten quackt, bekommt das Weibchen - oder so.
Der Sichtungsgarten Weihenstephan war auch nicht weit, also schaute ich spontan noch dort etwas vorbei. Die Sortenvielfalt der Pflanzen, jetzt besonders im Mai, ist wirklich phänomenal. Ich konnte dort gleichzeitig auch etwas meine Kenntnisse auffrischen, die ich bald bei den Abschlußprüfungen brauche.
Alles in allem hätte ich nie gedacht, so weit an dem Tag zu spazieren, aber es hat sich gelohnt. Für mich ist es jetzt so, daß ich das Gefühl habe, den Ort ganz neu kennengelernt zu haben. Und so ist es auch; im Kern wird immer alles zum erstenmal entdeckt.