Innehalten im Lebensalltag ist eine essentielle Praxis, wie ich so mit der Zeit herausgefunden habe. Es ist natürlich eher unpassend in der Arbeit, aber in der Freizeit kann man sich mal auf dieses Experiment einlassen. Ich beschreibe mal, was da bei mir passiert bzw. wie es mich verändert hat.
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, daß in der Erscheinungswelt alles in ständiger Bewegung ist. Autos fahren vorbei oder hupen, der Wind rauscht durch die Bäume, die Vögel zwitschern, der Regen prasselt auf das Dach, die Kirchenglocken läuten, Katzen kreischen, Hunde bellen, der Stuhl quietscht, das Wasser im Wasserkocher kocht, das Essen auf dem Herd brät, riecht und schmeckt, Menschen in der Nähe quatschen oder man führt selber Gespräche mit anderen oder im inneren Monolog, tut Tagträumen usw. usf. Das ist auch alles ok so. Da gibt es nichts zu bewerten.
Der entscheidende Unterschied nun zu diesen Eindrücken, die jeder Mensch in dieser Wirklichkeit auch genau so erlebt, ist der, daß die überwiegende Mehrheit diesen Dingen quasi kaum Beachtung schenkt. Sie sind eben da und scheinbar ist es auch oft das selbe und wiederholt sich. Man geht jeden Tag den gleichen Weg zur Arbeit, geht in den selben Laden einkaufen, ist meist in der selben Stadt unterwegs, wohnt in der selben Wohnung, spricht mit den selben Leuten.
Da ist ja nichts Interessantes, oder? Das ist eben das Faszinierende, daß das Besondere schon immer vor der eigenen Nase ist! Dazu muß man sich aber mal von allen Dingen abwenden kann und in sich ruhen. Sei es in den eigenen vier Wänden oder in der Natur oder auch nur in einer kurzen Verschnaufpause auf der Arbeit. Wo landet man dann? Man landet endlich mal da wo man eh schon immer ist und das ist in der Präsenz. Das ist das große Geheimnis und das kann jeder für sich mal herausfinden indem er innehält, alles für wenige Minuten oder auch Sekunden stoppt und ankommt. Denn wann soll man denn sonst ankommen? Läuft diese Erscheinungswelt auf ein Ziel hinaus, wo endlich alles perfekt ist? Gibt es einen perfekten Gedanken, ein perfektes Erlebnis oder einen perfekten Moment irgendwann zu erreichen? Dieser Frage kann man sich ruhig mal praktisch zuwenden und sehen, wo man sich selber wieder aus der Urzufriedenheit rauszieht.
Bei mir tut sich dadurch einiges und ich merke, daß man dazu tendiert das zu vermeiden, denn was passiert nicht alles wichtige in der Welt, nicht? Die Frage ist, was während diesen ganzen Aktivitäten unverändert da ist und ich komme langsam zu dem Punkt zu merken, daß Zeit eine grundlegende Täuschung ist. Das kann man jetzt falsch verstehen, denn es hat natürlich praktische Bedeutung für das Leben, aber wenn man sich fragt, was hier wirklich los ist, dann ist Zeit ein Hindernis. Wenn man nur im Jetzt ruht, dann stellt man schnell fest, daß diese unpersönliche Präsenz alles Belebte und Unbelebte zugleich durchdringt, diese eine Anwesenheit, die überall anzutreffen ist. Alles was sich in den Erscheinungen vollzieht, jede Bewegung und Veränderung, ist ein Geschehnis welche von dieser unparteiischen, unbeeinflußbaren, unverrückbaren, unabhängigen, unpersönlichen Präsenz, die man selber ist, beäugt wird. Wenn man alles stoppt fällt die Illusion der Zeit weg.