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Freiheit ist nicht gefährlich

Von Frauen höre ich öfter die Ansicht, daß Freiheit in gewisser Weise gefährlich ist bzw. diese da enden sollte, wenn andere durch sie verletzt werden könnten. Das alles ist sicher nicht böswillig gemeint, denn ich kenne kaum eine Frau, die nicht in sozialen Kategorien denkt, nur muß ich aufpassen, daß ich dieses Denken nicht einfach so übernehme und für mich stehenlasse, es nicht genauer ergründe, denn da ist ein gewaltiger Irrtum enthalten, der einem das Leben so richtig vergällen kann.


Es gibt ja den Spruch: Du hast die Freiheit alles zu tun, solange du keinen anderen dabei verletzt. Das hört sich ziemlich plausibel und richtig an, nur ist die Frage: Was verletzt? Wieso fühlt sich jemand verletzt? Klar, wenn ich jemanden schlage und verprügle, dann ist das offensichtlich verletzend. Auch mit Worten kann man andere richtig kaputtmachen (habe ich z. B. jahrelang mit meinem Vater erdulden müssen). Aber selbst da muß ich trotzdem sagen: Der andere war 100% frei so zu handeln, das zu sagen, zu äußern, zu machen, so wie er es eben wollte, so grausam es auch sein mag.


Freiheit kann nicht gezügelt und nach eigenem Gutdünken ausgelegt werden. Sie bedeutet eben ein kompletter, offener Raum von allen (!) Möglichkeiten, nicht nur den genehmen, gewünschten, sonst würde sie diesen Namen nicht mal im Ansatz verdienen. Ich weiß, daß muß einige total ärgern, und wenn ich das im Alltag sagen würde, dann würden mich die Leute für verrückt erklären, wenn nicht auf Lebzeit als brandgefährlich einstufen, aber hier nehme ich das mal in Kauf. Ich will nämlich auf etwas Bestimmtes hinaus.


Die Menschen haben wahnsinnige Angst vor diesem offenen Raum, weil dann vieles durchaus unkontrollierbar, unvorhersehbar, unberechenbar sein kann. Das heißt aber nun nicht, daß man gewalttätig wird, die ganze Zeit Mordgelüste an den Tag legt, und anderen Menschen schaden will. Das wird gerne unterstellt. Es ist sogar erst recht so, daß ein Mensch, der total gefangen in sich und seiner Gedankenwelt ist, Gräueltaten tun würde, denn er verspricht sich Erleichterung, Druckabbau und eben Freiheit von einer Untat (z. B. Raubüberfall: Das Geld, das ergaunert wird, soll einen freier machen), aber dadurch entsteht natürlich niemals Freiheit. Freiheit ist nämlich kein Ziel, daß in der Zukunft erreicht werden kann, sondern ist entweder am Ursprung, im Hier und Jetzt, schon da, oder nirgendwo.


Das ist extrem wichtig zu verstehen: Freiheit gibt es nur im Hier und Jetzt, nie im Verstand, also in Vergangenheit oder Zukunft. Sie ist ein spontanes Gefühl von Zuversicht, Vertrauen und Mut, welches nur im Moment auftauchen kann, nie als Vorhaben oder Zukunftsprojektion.


In Interaktionen mit anderen gibt es aber immer ein Zeitversetzung, also Ausdruck von mir, und eventuell Gegenreaktion von dem anderen in der Zukunft, und sind es auch nur Millisekunden. Diese kann positiv aussehen, als Zustimmung, Zuneigung, Bestätigung usw. oder auch aus Ablehnung, Mißachtung, Ignoranz. Alleine aber dieses Sich-beziehen auf ein Gegenüber bzw. Wichtig-halten dieser Reaktion ist ein Indiz dafür, daß man seine Eigenverantwortung abschiebt bzw. auf den anderen versucht abzuwälzen, ganz egal wie es sich zeigt. Jegliches Schauen auf andere ist hier Ablehnen der Eigenverantwortung, und somit nie Freiheit.


Freiheit ist nämlich etwas völlig Individuelles, etwas, das nur ein Einzelner erfahren kann, nie ein Gruppe oder Gemeinschaft. Ich bin deshalb sogar frei alles zu sagen, und selbst wenn es andere verletzen mag. Daß sich andere verletzt fühlen, hat erstmal nichts mit mir zu tun. Dieser andere kann sich z. B. fragen, wieso in das stört, was ich da von mir gebe. Er kann sich aber auch wehren, es einfach nicht glauben und darüber lachen (ich hätte z. B. meinem Vater nie glauben müssen, was er über mich behauptet hat, nie, ich wurde zu diesem Glauben nicht gezwungen). All das sind ja wiederum Möglichkeiten eines Einzelnen. Nur weil jemand frei ist, heißt das noch lange nicht, daß dadurch jemand anderes unfreier wird. (Jemand, der bedroht wird, kann sich ja auch wehren. Es wird immer so getan, als wäre derjenige immer total hilflos, um dieses Beispiel nochmal zu nehmen). Ganz im Gegenteil: Wer wirklich offen für verschiedene Optionen und Ausgänge bei sich ist, wird sie besonders auch bei anderen mehr als begrüßen, weil dabei viel zu lernen ist.


Nichts zu lernen ist bei Verschlossenheit und Selbstdeckelung aufgrund von sozialer Moral. Die Mitglieder solch einer Übereinkunft, die leider oft die Norm ist, sind so gut wie abgestorben, weil eben nichts Unerwartetes mehr mit der in jedem wirkenden Lebenskraft passiert. Wilhelm Reich nannte diese Blockade deshalb auch sehr treffend "Emotionale Pest". Ein freier Mensch könnte soetwas gar nicht entwickeln, weil er seine Lebensimpulse durchlaufen läßt, und sie ihn deshalb auch nicht als Körpersperren und -verspannungen vergiften.


Rücksicht auf andere zu nehmen ist deshalb sicher falsch, weil die Instanz, die meint kontrollieren zu können, was zu geschehen habe, genau diejenige ist, die den Schaden erst anrichtet. Der größte Schaden ist nämlich die eigene Selbstverkümmerung, den sie bedeutet Verzicht auf Leben. Wenn Leben nicht bei einem selbst ist, wo denn dann? Man muß verstehen, daß diese angeblich so wichtigen "Anderen" einem gar nichts geben können. Klar, mal ein Lob, mal ein Kompliment, alles sicher schön und liebenswert, nur bringt das mich nicht wirklich weiter. Interessant finde ich, wenn derjenige stattdessen selber auch seine Möglichkeiten erweitert, für sich, nicht für mich, und nicht für andere, weil nur so wirklich etwas Aufbauendes entsteht, das wirklich weiterhilft.


Wenn jetzt also jemanden ärgert, was ich hier von mir gebe. Oder versucht Widersprüche und Fehler zu finden: Wieso liest der- oder diejenige das dann? Ihr seit doch völlig frei, etwas anderes zu machen. Oder selbst das zu veröffentlichen, was ihr herausgefunden habt. Oder sogar zu versuchen, zu widerlegen, was ich hier von mir gebe. Ich bin der Letzte, der das verbieten würde. Gefährlich wäre das nämlich sicher nicht. Wenn ich mich nämlich betroffen oder verletzt fühle, so muß ich schauen, wieso das so ist. Stimmt etwa das Feedback? Glaube ich dem? Da kann jemand noch so viel sagen oder tun, er ist da nicht verantwortlich, sondern es ist dann ganz alleine meine Sache.

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