Eine Sache, die mir durch andere auffällt, und auch mein Herangehen an Dinge neu beleuchten soll: Bauleute sind ungemein gefrustet. Nicht zufällig sind 70% meiner Kollegen Raucher. Ist es das ständige Zu-tun-haben mit nicht fertiggestellten Projekten, das Beenden und sofortige Weiterziehen zum nächsten Bauvorhaben? Das rastlose Vorankommen?
Es ist nun nicht so, daß es uninteressant ist, solange sich die Aufgaben abwechseln. Es ist aber auch ein ziemlich schönes Gleichnis für das Leben an sich, welches auch einer ewigen Baustellentätigkeit gleicht. Ist ein Problem gelöst, wirft sich der Verstand gleich auf das Nächste. Ein Ankommen, wo nichts mehr ist, darf es nie geben.
Es liegt somit nicht an der Tätigkeit, daß dann geraucht wird, sondern an einer prinzipiellen Haltung gegenüber allem im Leben. Nun ist das nicht direkt mein Problem, aber ich finde es dennoch interessant: Das Rauchen scheint diesen Menschen wie ein Anker zu sein, zu dem sie in den ewigen Projekten zurückkommen können, sich einen Halt künstlich generieren, der ihnen für Sekunden Rastlosigkeit beschert, wo alles in Ordnung ist.
Nun ist auch so bereits alles in Ordnung, selbst wenn ein Bauvorhaben noch läuft. Wieso soll ich erst zufrieden sein, wenn alles abgeschlossen ist (wenn ich Feierabend habe, Millionär bin, in Rente bin)? Es steckt was anderes dahinter: Es ist mehr ein Flüchten, ein Sich-das-Recht-herausnehmen, sich aus dem Fluß des Lebens für Momente herausnehmen zu können und überlegen darüber zu stehen.
Der Verstand ist voll von ungelösten Aufgabenstellungen, ist unklar, aber in diesen Momenten, da kann ich all dem Lebewohl sagen, wenigstens dann! Wehe, jemand nimmt mir mein Nikotin weg! Dann verliere ich ja die ganze Sicherheit und Kontrolle, mit der ich mein Leben bewältige, von dem ich aber weiß, daß es ziemlich erbärmlich ist.
Interessant wäre es, wenn jemand in diesem Lügenclub aufhören würde zu rauchen. Ab da würde man z. B. schnell die Wahrheit über die anderen herausfinden, die einen dann schnell wieder zurück in ihr Loch ziehen wollen. Wie du rauchst nicht mehr? Wir wissen doch alle, daß du das nicht schaffst. So ein Schritt würde aber wahre Stärke bedeuten, und dafür ist hundertprozentige Klarheit und Entschlossenheit nötig, die aber kein Kampf ist, sondern ein einfaches Mitgehen mit dem Leben, was ja nicht nach Selbstzerstörung geht, sondern nach Gesundheit und Wohlergehen.