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Geltungssucht


Eine Beobachtung, die ich in letzter Zeit öfter machen konnte: Menschen definieren Rollen, um sich als wichtig zu empfinden, denn das Allerschlimmste ist, ein Niemand, ein Normalo, ein essendes, scheißendes, pinkelndes, schlafendes Wesen, und nicht mehr zu sein. Dazu werden verschiedene Lebensbereiche, Tätigkeits- und Aufgabenfelder benutzt, die als Steckenpferd genommen werden, um sich zu profilieren. Wie gesagt, man ist dann nicht einfach nur Klein-Hans, der versucht seine Sache möglichst gut abzulieferen, sondern man ist jemand, man kann, man weiß etwas, aber andere erkennen den Wert dessen leider zu selten an

Zum einen ist das im Beruf zu sehen, der dazu dienen soll Prestige zu erzeugen. Dafür kann eigentlich jeder Job hergenommen werden, wobei so Arzt, Anwalt, Professor einen privilegierten Anschein erzeugen, der sich oft in einer überheblichen Ausstrahlung zeigt. Aber auch die einfachen Leute haben das, der sich als Groll gegen die Reichen und Erfolgreichen zeigt, auch gegen die Chefs, denn dann heißt es gerne "wir" wären bescheidener als sie, mehr auf dem Boden geblieben. Auch das ist eben die Rolle des Bescheidenen, und der hat genauso ein moralisches Mäntelchen, mit dem er sich ausschmückt, welches ihn jedenfalls hervorheben soll.

Im Hobbybereich definitiert sich dann jemand als Trainer, als Mitglied einer Gruppe, eines Vereins, wenn sein Beruf ihm die Wichtigkeit nicht in dem Maße befriedigend liefert. In dem Bereich ist er dann wieder jemand, relevant.

In der Familie ist dann jemand typischerweise Vater, Mutter, Großvater, Großmutter. Diese Aufgabe nimmt einen voll ein, und würde sie wegfallen, wäre einfach mal Ruhe da, dann wissen die Menschen gar nichts mehr mit sich anzufangen. Sie säßen einfach nur da, und wären ohne Einbindung. Sie wären einfach nur Menschenwesen, genau wie ein Pferd auf der Wiese.

Ich kenne von mir, daß ich mich auch an diesen Maßstäben messe. Der Verstand läßt da nicht locker, denn ich möchte auch etwas gelten, irgendwie einen Platz in dieser Gesellschaft finden. Die anderen scheinen das gefunden haben, und fühlen sich in ihrer Rolle sicher, irgendwie ausgefüllt, aber ich scheine immer noch etwas zu suchen, irgendein Etikett für mich, weil ohne das, wer bin ich dann? Weder bin ich durch meinen Beruf irgendwie speziell, verdiene dort übermäßig viel, noch steche ich durch Hobbies hervor, noch bin ich Vater oder sonstwie familär eingebunden. Ich bin ein Nichts, und selbst wenn ich irgendein Manager bin, außergewöhnliche, extreme Freizeitübungen ausführe oder eine Familie habe, es würde daran nichts ändern, das ist eine Gewißheit, die es sich durchaus mal klarzumachen gilt. Es heißt nicht diese Tätigkeitsfelder zu vermeiden, sondern sie nur ins richtige Licht zu rücken: Ihr Sinn ist nämlich nicht, daß sie als Verstärkung des Egos dienen, sondern wie ich mittlerweile verstehe und erfahre, z. B. im Beruf, ist, daß vieles oft nicht so funktioniert wie ich es mir vorstelle, daß meine Beschränkungen und Unsicherheiten deutlicher zum Vorschein kommen, und daß ich deshalb eher demütiger werde.


 
 
 

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