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Fünf Sekunden am Tag präsent


Heute war ich fünf Sekunden lang präsent. Und das war ein Tag, an dem es zur Abwechslung mal so war. Der Rest der Zeit ist Trance, Träumerei und Einbildung angesagt. Das ist einfach so, auch wenn ich mir oft einrede, daß es so nicht wäre, denn bin ich nicht sonst auch immer präsent, da sie ja ohnehin als Grundzustand gegeben ist? Nein, so ist das nicht, stelle ich nun fest.

Auch wird klar: Es gibt keinen Fortschritt, weder in Wissen, noch in Erfahrung, welche diese einfache Tatsache je ersetzen könnte. All das sind Luftschlösser, die als Ersatz dafür beworben und angestrebt werden.

Präsenz ist ortsunabhängig, unabhängig von bestimmten Zeiten, ob ich mit anderen Leuten zusammen bin, oder ob ich auf der Arbeit bin. Auch spielt Gemütslage oder gesellschaftlicher Stand keine Rolle. Sie hat mit all diesen Umständen nichts zu tun.

Wenn ich heute so merke, wie das so ist, fällt es wie Schuppen von den Augen. Was für eine Angst davor bei den meisten Menschen da sein muß, einfach nur anwesend zu sein. Auch ist zu merken: Wenn ich jetzt einfach so da bin, das müssen doch alle Menschen um mich herum spüren, daß da jetzt jemand in ihrer Gegenwart ist. Wie ungewohnt das doch ist!

Erst dann komme ich überhaupt erst in diesem Leben an! Erst dann bin ich überhaupt eine Instanz in dieser Wirklichkeit! Und damit meine ich nicht eine, die andere Menschen dominiert, die die Führungsetage eines Unternehmens besetzt, oder als Direktor oder Chef nun meint das Sagen zu haben, und sich durch die Macht dieser Rolle stark und kraftvoll fühlt, sondern eine Instanz mit natürlicher Autorität. Die genannten, herkömmlichen Zielfiguren sind billige Imitate dagegen.

Jedenfalls ist eine ganz bestimmte Balance nötig, um präsent zu sein. Es ist nämlich wie schon gesagt kein Produkt irgendeiner vorher geleisteten Arbeit, sagen wir mal Meditieren oder sonstige Übungen, und doch ist eine gewisse Anstrengung nötig, ein gewisses Ich will es jetzt wissen, mehr als alles andere, mehr als alle Ablenkungen, will ich jetzt bei mir sein, um sie durch eigene Verifikation zu verstehen. Das ist eindeutig erforderlich, ansonsten findet das Treiben im Alltagsstrom unvermittelt weiter statt. Sie ist aber eben auch keine Konzentration, denn sie ist kein Ich mache mental etwas mit mir, damit dadurch A, B oder C passiert. Das ist, wie das Alltagsleben tickt, mit ihren Fitneßstudios, Erfolgscoaches und Persönlichkeitsentwicklern, auch in sogenannter spirituellen Schiene. Die sind definitiv alle auf dem falschen Dampfer.

Bei mir ist es so, daß ich besonders mit anderen Menschen verstärkt den Willen habe, präsent zu sein. Die ständige Verstandesaktivität anderer Leute in meiner direkten Umgebung macht mich so kirre, unruhig und gereizt, daß es wie eine Befreiung wirkt, diesen Irrsinn beiseite zu lassen. Man kann schon sagen: Ich werde zur Präsenz gezwungen, um nicht auch so verrückt und falsch zu sein. Dadurch wird es aber nicht besser, sondern ich nehme das sogar noch schärfer wahr, es springt mich noch mehr an, und dann ist sogar eher die Situation da, daß ich Dinge tue, die andere als unkonventionell, als Ungehaltenheit oder Spinnerei abtun. Es ist somit kein Geheimrezept, womit man jede Alltagssituation perfekt meistern kann, und damit zum Apostel mit Heiligenschein wird, der liebevoll jeden erleuchtet, den er anschaut. Diese Vorstellungen sind allesamt Fake, nichts als Lügen, die von denjenigen gestreut werden, die genau verhindern wollen, daß Menschen noch sie selber sind, und das sind sie eben nur, wenn sie authentisch sind, und das wiederum geht nur durch Präsenz, weil nur sie zu unterscheiden vermag zwischen Suggestionen von außen, und eigener, spontanen Lust am Selbstausdruck.

Das alles ist keine Theorie. Immer wieder gilt sich das klarzumachen, und zu sehen, wie wichtig das ist. Das Ankommen im Moment kriege ich nicht einfach wieder von heute auf morgen ohne Prioritätensetzung meinerseits geschenkt, auch wenn sie bereits angeboren ist, und deshalb das Urgeschenk an sich ist. Sie muß angestrebt werden, soll sie wieder ein Bestandteil meines Lebens werden.


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