Italienisch-venezianischer Geigenvirtuose und Komponist, 1678-1741
Über Antonio Vivaldi selber ist wenig bekannt. Er war mit Sicherheit einer der besten Violinenspieler seiner Zeit. Ihm wird heute attestiert, der Hardrocker der Barockmusik zu sein. Er hatte wohl ein sprühendes Temperament, war sehr extrovertiert. Sein Spitzname war "Il prete rosso", der rote Priester.
In einfache, aber auch musikalische Verhältnisse geboren - sein Vater war zwar Barbier und Bäcker, jedoch auch Violinist und Cellist am Orchester des Markusdoms - wurde er früh musikalisch gefördert, und erfolgreich auf der Geige unterrichtet. Er ersetzte hin und wieder sogar seinen Vater im Orchester.
Anstatt jedoch direkt einen musikalischen Beruf zu ergreifen, zwang ihn sein Vater dazu Priester zu werden, und so empfing er 1703 mit 25 Jahren die Weihe. Da er jedoch kränkelte und wahrscheinlich an Asthma erkrankte, konnte er diesen Beruf nach einem Jahr nicht mehr ausüben, da er in den Gottesdiensten auch lange singen mußte. Er wurde von seinen Pflichten als Geistlicher befreit, und mußte keine Gottesdienste mehr halten.
Wer aber seine Stücke mal in Ruhe anhört wird schnell merken, daß da nichts von Kränkeleien zu hören ist. Ganz im Gegenteil, da strahlt etwas durch und durch Gesundes und Kräftiges auf alle offenen Herzen. Da ist etwas Warmes, etwas, was das Leben liebt, und voll erlebt, die Natur, die Menschen, die Städte.
Die heitere Lebendigkeit und Kreativität seiner Werke, sowie der extrovertierte Charakterzug paßten aber sowieso überhaupt nicht zu einem enthaltsamen Dasein als Priester. Er liebte die Frauen, hatte heimliche Geliebte, führte das Orchester eines Mädchen-Weisenhauses zu überregionaler Bekanntheit, und genoß den Erfolg in vollen Zügen. Er war ein Mann dieser Welt.
Er hat sich durch seine Musik einen eigenen Freiraum geschaffen. Das Dasein als Geistlicher kann ihn nicht voll erfüllt haben. Da war so viel in ihm, daß darauf keine Rücksicht nehmen konnte, leben wollte und das auch verwirklicht hat. Und was heute noch aufrüttelt, feiert und die Heiligkeit hemmungslos manifestiert, über die in den Kirchen nur öde gesprochen wurde.
Die Vier Jahreszeiten
Sein Werk "Die Vier Jahreszeiten" veröffentlichte er 1725, ist heute am bekanntesten und wurde hauptsächlich für die Violine komponiert. Jede Jahreszeit spielt etwa zehn Minuten und gliedert sich in drei Abschnitte, die alle unterschiedliche Charakteristika aufweisen.
Die schnellen, plötzlichen Wechsel und die hohe Vielseitigkeit in Tempo, Stimmungs- und Tonlage machen dieses Werk ungemein faszinierend. Wer genau hinhört wird herausfinden können, welche Jahreszeit gemeint ist. Ich habe hier mal einen Versuch gewagt, ein paar meiner Eindrücke zu schildern:
Winter
1) ab 0:00min, Allegro non molto
Aufrüttelnd, klirrend, stechend, elektrisierend, eisig ins Rückenmark (Frostig)
2) ab 2:47min, Largo
Zärtlich, anschmiegend, sehnsüchtig, bodenbereitend (sanfter Schneefall)
3) ab 4:58min, Allegro
Bedrohlich, mysteriös, alamierend, nicht zu früh freuen, nimmt rechtzeitig seinen Platz ein (Dunkelheit, die einzieht)
Frühling
1) ab 0:00min, Allegro
Lebensbejahend, sprießend, zwitschernd, hüpfend, über Höhen und Tiefen tragend (Knospen fangen an aufzublühen)
2) ab 3:23min, Largo
Ernüchternd, auf den Boden der Tatsachen zurückziehend, gründend (ersten Schock verdauen)
3) ab 6:06min, Allegro pastorale
Majestätisch, stolzierend, beflügelnd, ins Feine vordringend (die Aufgabe annehmen)
Sommer
1) ab 0:00min, Allegro
Behäbig, Sehnsucht aufbauend, dann durchbrechend, berauschend, forsch, um einen wieder ernährend, langsam reizend, aus dem Hintergrund aufdrängend abzuholen und ins Wilde mitzureißen (wechselndes Temperament)
2) ab 6:00min, Adagio e Presto
In ruhige See führend, mitfühlend, nachfragend, Raum gebend
3) ab 8:11min, Presto
Reißend, fiebrig, aufwühlend, das ganze Sein fordernd, erbarmungslos, unerbittlich, hemmungslos, grenzenlos (stürmisch, hitziges Gewitter)
Herbst
1) ab 0:00min, Allegro
Heiter, genüßlich, prinzenhaft, unbeirrbar, fast schon jungenhaft, närrisch (naiv die Wärme als selbstverständlich nehmend)
2) ab 5:03min, Adagio molto
Aus dem Hinterhalt, unheimlich, bedrohlich, lauernd, ernsthaft, beobachtend (Tod naht, die ersten kalten Tage)
3) ab 7:27min, Allegro
Am königlichen Hofe, stolzierend, tanzend (Waltzer), gewissenhaft feiernd nach getaner Arbeit (eingefahrene Ernte)
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Begriffs-Wegweiser: (italienisch & deutsch)
Allegro = rasch, munter, heiter, fröhlich
Allegro non molto = nicht sehr munter
Pastorale = die Hirten-, Bauern betreffend, vom Lande
Largo = breit, eher langsam
Presto = schnell
Adagio = langsam, ruhig, behaglich
Adagio e Presto = schnell und langsam abwechselnd
Adagio molto = sehr langsam
Quellen:
https://www.klassika.info/Komponisten/Vivaldi/